Michael Wildt, Sommer 2019
Von einem brandaktuellen Arbeitsvorhaben des Jahres 2019 handelt der folgende Text, der in ähnlicher Form in der ISA erscheint. Hier gebe ich eine kurze Fassung meines Arbeitsschwerpunktes ‚Entwicklung einer Leistungskultur, die den Ansprüchen einer Schule des gemeinsamen Lernens aller Kinder (wirklich) gerecht wird. Diese Überlegungen sind für alle Schulen gedacht, die nach den Vereinbarungen der KMK von 1969 zur Gesamtschule arbeiten – wie sie auch gerade in den einzelnen Bundesländern heißen mögen.
Der Text stellt die Praxis einer heterogenitätsgerechten Leistungskonzeption anhand eines Fallbeispiels aus der Gesamtschule Münster-Mitte dar. Es handelt sich um einen Auszug eines umfangreichen Texts zur heterogenitätsgerechten Unterrichtsentwicklung an Schulen des gemeinsamen Lernens. 1
Die traditionelle Schule stellt für alle Lernenden gleiche Testaufgaben, wenn sie Kompetenzen überprüft. Doch das ist nicht gerecht, wenn Tests lernfördernd sein sollen: Es bevorteilt diejenigen, deren individueller Kompetenzstand und Testaufgabe gut zueinander passen und benachteiligt diejenigen, bei denen sich individueller Kompetenzstand und Testaufgabe nicht gut vertragen. Um individuelle Lernfortschritte abzubilden, bedarf es – zur gleichen Kompetenz – jeweils individuell verschiedene Testaufgaben.
Diese Feststellung ist eine Binsenweisheit, erzeugt jedoch ein Steuerungsproblem: Wer weist dem leistungsbezogen zu diagnostizierenden Subjekt die passende Aufgabe zu? Die Antwort unserer Schule ist: Die lernende Person selbst, die sich ein leistungsbezogenes Feedback holt oder holen soll! Zur zu testenden Kompetenz wählen die Lernenden eine diagnostische Aufgabe (oder formulieren die Testaufgabe sogar selbst) und bearbeiten sie. Zu diesem Prozess gibt die Lehrperson eine individuell fördernde leistungsbezogene Rückmeldung.
In einer Stunde, in der die Schülerinnen und Schüler selbstgesteuert arbeiten (bei uns ‚Lernbüro‘), ruft mich Anna zu sich: „Herr Wildt, wenn ich beim letzten Mathe-Lerncheck den mittleren Lernpfad gewählt und dabei selbstständig gearbeitet habe und eine „4+“ bekommen habe – sollte ich dann beim nächsten Lerncheck etwas anders machen?“ Ich weiß, das Anna keine „4+“, sondern eine „2“ geschrieben hat, und antworte mit einer Gegenfrage: „Hast du selbst eine Idee?“ Anna erwidert: „Ja. Ich sollte beim Training zu den Ich-Kann-Sätzen erst etwas einfachere Aufgaben wählen. Danach mache ich ein paar schwierigere Aufgaben.“
Ich sehe: Anna denkt über ihren Lernprozess nach und überlegt, wie sie ihn optimieren kann. Sie reflektiert ihre Lernstrategien. Damit macht sie das, das was wissenschaftliche Untersuchungen als besonders lernwirksames Element im Lernprozess ausweisen. Anna jongliert im Gespräch – beachtlich für ein Kind in Klasse 6 – mit mehreren Aspekten der Leistungsbewertung. Sie greift unsere Perspektiven leistungsbezogener Rückmeldungen auf. Super!
Auf drei Perspektiven hat sich die Schule im Verlauf Ihres Schulentwicklungsprozesses verständigt:
- Den von der lernenden Person gewählten Lernpfad
- Das (selbstständige) Arbeitsverhalten der lernenden Person
- Die (bezogen auf den von der lernenden Person gewählten Lernpfad) erreichten Leistungen.
Der ‚Lernpfad‘ beschreibt das Wahlverhalten der Lernenden, soweit sie die Möglichkeit haben, verschiedene Aufgaben zu einem Kompetenzziel auszuwählen. In Klasse 6 gibt es in der Regel Aufgaben auf drei bis vier Schwierigkeitsstufen: Basis-Aufgaben sprechen einen Kompetenzbereich auf einem Niveau für Förderkinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen an. Ein-Stern-Aufgaben beziehen sich auf den Kompetenzbereich auf einem einfacheren Anforderungsniveau, 2-Stern-Aufgaben auf einem höheren Anforderungsniveau. Glühbirnen- Aufgaben vernetzen mehrere Kompetenzbereiche; sie fördern Kreativität und Querdenken. Mit Einsetzen der Fachleistungsdifferenzierung gibt es zusätzlich den Bereich der 3-Stern- Aufgaben. Die Differenzierung erfolgt durch verschieden schwierige Aufgaben oder durch das Angebot von gestuften Hilfen bzw. Zusatzfragen zu jahrgangsweit gleichen Aufgaben. Die Schwierigkeitsstufen des regulären Lernangebots bieten wir auch bei Lernchecks (Klassenarbeiten) zur Wahl an. Auch in der Leistungssituation wählen die Lernenden die für sie passende Aufgabenstellung aus, an der sie ihre Kompetenzerreichung testen wollen.
Das sich einstellende Wahlverhalten der Lernenden folgt Mustern. Diese bezeichnen wir bei der Leistungsbewertung als ‚Lernpfade‘. Wir unterscheiden den Basis-Lernpfad (regelmäßige Wahl der Aufgaben des Förderniveaus), den einfachen Lernpfad (überwiegende Wahl der einfacheren Aufgaben), dem mittleren Lernpfad (wechselnde Wahl zwischen einfacheren und schwierigeren Aufgaben) und den anspruchsvollen Lernpfad (überwiegende Wahl schwierigerer Aufgaben). Zwischenstufen sind möglich (‚einfacher bis mittlerer Lernpfades); manche Kinder wählen ‚wechselnde Lernpfade‘. In Fächern mit (innerer) Fachleistungsdifferenzierung wählen G- Kurs-Lernende zwischen 1-Stern- und 2-Stern-Angeboten und E-Kurs-Lernende zwischen 2- Stern- und 3-Stern-Angeboten – der anspruchsvolle G-Kurs-Lernpfad entspricht also dem einfachen E-Kurs-Lernpfad. Die Grundsätze für die Zuordnung definieren die Fachkonferenzen2. 2
Die zweite Rückmelde-Perspektive ist die Selbstständigkeit beim Arbeiten in der Wahrnehmung der Lehrperson. Der Grad der Selbstständigkeit offenbart sich an vielen Stellen des Lernprozesses. Hohe Selbstständigkeit attestieren wir den Lernenden, die ihr Potential optimal erschließen – egal, ob sie sonderpädagogischen Förderbedarf haben oder hochbegabt sind – und sich beim Lernen sinnvoll selbst steuern, z.B. durch:
- sich Ziele setzen,
- die Ziele mit dem eigenen Vermögen in Einklang bringen,
- sich bei der Wahl der Aufgaben angemessen fordern,
- Mittel der Selbstdiagnose nutzen,
- kooperative Chancen nutzen,
- das eigene Lernen reflektieren.
Die Bandbreite der Rückmeldungen geht von ‚geringe Selbstständigkeit‘ bis ‚sehr hohe Selbstständigkeit‘. In das Feedback fließt die (normative) Sicht der Lehrperson auf das ‚potentielle Leistungsvermögen‘ der von ihr begleiteten Lernenden ein. Sensibilität und Verantwortlichkeit der Lehrperson ist gefragt: Einem lernbiographisch verunsicherte Kind tut es gut, einfache Aufgaben wählen und eine gute Zensur erreichen zu können; bei einem anderen Kind ist das gleiche Verhalten eher Ausdruck des Ausweichens vor dem Fehlermachen beim Lernen.
Erst die dritte Rückmeldeperspektive unserer Schule ist die kriterial an den individuell gewählten Aufgaben gezeigte Leistung. Die rückgemeldete ‚Leistung‘ bezieht sich auf den von den Lernenden gewählten Lernpfad, rückgemeldet gemäß Richtlinien und Lehrplänen, abgebildet auf einer Prozentskala. Leistungspunkte werden (z.B. bei Lernchecks) nach einer schulweit verbindlichen Tabelle in Zensuren umgewandelt. Auf Jedem Lernpfad kann man jede Zensur erreichen.
Schülerinnen und Schüler unserer Schule nehmen drei gleichwertige Perspektiven auf Kompetenzentwicklung in den Blick. Die drei Dimensionen sollen sie im Gleichgewicht halten. Sie pegeln ihren Lernpfad so ein, dass sie mit ihren Leistungen zufrieden sind (nichts anderes sagt ja die Zensur ‚befriedigend‘). Wer mag, steigert sein Anspruchsniveau weiter, ohne dass die Leistung zu sehr absackt. Der mittlere Level in den drei Bereichen markiert die Schwelle zum höheren Lernniveau. Nicht ‚sehr gut‘ sein ist das Ziel, sondern das Gefühl, gut zu lernen und Fortschritte zu erleben. „Trau Dich an die schwierigeren Aufgaben und fordere dich heraus“ ist das Motto, „Strebe nicht zu sehr nach hoher Leistung im einzelnen Fach. Strebe danach, Lernzuwächse auf breiter Basis zu erreichen, die es dir erlauben, zunehmend anspruchsvollere Aufgaben zu wählen. So erreichst du den Schulabschluss, der zu dir passt – Förderschulabschluss, Hauptschulabschluss, Fachoberschulreife oder Quali für die gymnasiale Oberstufe.“
Das hat Anna schon in Klasse 6 verstanden, wie das Fallbeispiel zeigt. Es geht noch ein bisschen weiter. Beim nächsten Lerncheck übertreibt Anna ein bisschen und macht nur noch 2-Stern-Aufgaben. Und schreibt wirklich eine „4+“. Ich frage sie: „Und? Was denkst du?“ Sie sagt: „Macht nichts! Das war diesmal wirklich sehr schwierig. Ich übe weiter mit meiner Freundin! Dann komme ich auf ‚befriedigend‘. Alles gut!“
Könnten wir als Lehrpersonen mehr wollen? Mit dem Entwicklungsweg für Schulen, die dahin kommen wollen, befasst sich der Text 21 auf der Seite ‚Texte‘ dieser Homepage.
Michael Wildt
1 Der vollständige Text (in einer Kurzfassung und in der Langfassung WILDT, M.: Vielfaltsgerechte und lernfördernde Leistungsrückmeldung in Schulen des gemeinsamen Lernens – Konzept und praktische Anregungen) findet sich unter Texte mit Nummer 21.
2 Bei Abgangszeugnissen, mit denen sich unsere Absolventen dem Ranking ihrer Alterskohorte aussetzen, findet unser internes System keine Anwendung – dort würdigen wir die Leistung in der traditionellen Form der Gesamtschule.
Michael Wildt, Oktober 2016
Begleitung bei der schulischen Unterrichtsentwicklung - warum und wozu?
„Ach danke, wir versuchen es erst mal alleine. Wenn es Probleme gibt, können wir uns ja immer noch Hilfe holen.“ Diesen Satz höre ich immer mal wieder von Schulleitungen, die mit ihrer Schule innovative Ziele verfolgen. Gerade die Leitungen und die Gründungskollegien neu entstehender Schulen mit reformpädagogischen Anspruch sind oft von großem Engagement und Selbstbewusstsein getragen. Sie hoffen, dass sich die visionäre Konzeption in der rauhen Wirklichkeit schon durchsetzen wird. Leider zeigt sich aber bei gerade bei der Entwicklung von ambitionierten Projekten, dass ‚Gutes wollen‘ und ‚Gutes erreichen‘ zwei verschiedene Dinge sind.
Viele innovative Schulen setzen auf selbstgesteuertes Schülerlernen, kollegiale Kooperation, teammäßige Zusammenarbeit der Pädagoginnen und Pädagogen und die Power von durch Kompetenzziele gesteuertes Arbeiten der Beteiligten (Lehrkräfte und Lernenden). Die große Herausforderung ist allerdings, dass alle diese Elemente im gängigen Schulwesen nicht Mainstream, sondern immer noch ‚Ausnahme von der Regel‘ ist. Viele Lehrkräfte, die – mehr oder weniger freiwillig – an innovativen Schulen tätig werden, sind vielleicht theoretisch von der Stärke einer so ausgerichteten Schulstruktur überzeugt. Die wenigsten von ihnen verfügen aber selbst über praktische Erfahrungen mit solchen Arbeitsformen; geschweige denn über die Kompetenzen, dauerstabil, überzeugend und Widerstände überwindend so zu agieren. Wenn sich die Probleme der Praxis zeigen und sich die vielfältigen - keineswegs konsistenten - Erwartungen von Eltern und Schülern offenbaren, verfügen sie in vielen Fällen noch nicht über die Routinen, die ihnen erlauben, nachhaltig erfolgreich die reformpädagogischen Ideen umzusetzen.
Das gilt sowohl für bestehende Schulen, die sich der Zielsetzung stellen, ihre Pädagogik zu wandeln, als auch für Schulen, die sich neu aufbauen. Im ersten Fall hemmen die traditionellen Handlungsmuster des Kollegiums aus der vergangenen Praxis die ja zunächst nur punktuell einzuführenden Innovationen. Im zweiten Fall muss das Gründungskollegium langfristig bindende Entscheidungen treffen, die die Zukunft der im Entstehen befindlichen Schule betreffen, ohne aber über den Erfahrungskontext zu verfügen, die potentiellen Auswirkungen der Entscheidungen einzuschätzen.
Schulentwicklung, vor allem Unterrichtsentwicklung – Unterricht ist ja das Kerngeschäft der Schule, das täglich abläuft und zuverlässig funktionieren muss – erfordert daher ein raffiniert gestaltetes Entwicklungsmanagement. Die neuen Ideen müssen wohldosiert in das Kollegium eingebracht werden, damit die Beteiligten bei den Change-Prozessen aktiv mitgehen. Bisherige Lehrerkompetenzen müssen überprüft, teilweise abgebaut, umgebaut und rekonstruiert werden – es ist also vielfältiges Lernen der Beteiligten angesagt. Die erforderlichen Lernprozesse werden nur gelingen, wenn sie sensibel auf die Lernausgangslagen der beteiligten Lehrkräfte abgestimmt sind. Menschen unterscheiden sich stark darin, sich in ihrem Handeln an zukünftig erwartete Entwicklungen auszurichten. Die Erfordernis, in der Vergangenheit (vielleicht) bewährte Handlungsmuster zu Gunsten von Neuem aufzugeben, löst Ängste und regressive Tendenzen aus.
Die Entwicklung der Schule ist daher ein langer Prozess. Er gelingt, wenn dafür zum jeweiligen System passende Wege definiert, vereinbart, beschritten und stetig auf Wirksamkeit evaluiert werden. Innerhalb des Prozesses bedarf es eines Verfahrens, der Kolleginnen und Kollegen ermöglicht, positive Erfahrungen zu sammeln und an diejenigen weiter zu geben, die noch ferner stehen.
Die Chancen von Begleitung bei der Schulentwicklung
Seit vielen Jahren bin ich als Berater und Begleiter solcher Entwicklungsprozesse in vielen deutschen Schulen beteiligt – in sehr unterschiedlichen Formen und mit sehr unterschiedlichen Aufträgen. Dabei beobachte ich, dass immer wieder ‚das Rad neu erfunden‘ wird – es gelingt nur unzureichend, die jeweiligen Erfahrungen eines Entwicklungsvorhabens beim nächsten Entwicklungsvorhaben zu berücksichtigen. „Wir versuchen es erst mal alleine“ korrespondiert mit meinem Erleben, dass meine Zunft meistens erst hinzugezogen wird, wenn sich die Probleme so aufgeschaukelt haben, dass die Entwicklung einer konstruktiven Entwicklungsstrategie sehr schwierig wird.
Sinnvoll wäre es anders herum: Gerade dann, wenn (noch) Elan und Zuversicht in einem Entwicklungsprozess vorherrschen, sollte die Schule sich eine externe Begleitungsperson suchen, mit der sie eine längerfristige Kooperation vereinbart. So eine Begleitperson zu haben, hat erhebliche Vorteile:
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Die Begleit-Person verfügt (in der Regel) über intime Einblicke in die Entwicklungsprozesse verschiedener Schule und damit über eine entwickelte Prognosefähigkeit hinsichtlich von möglichen einzuschlagenden Entwicklungswegen der Schule. Sie kann das System der sich entwickelnden Schule unterstützen, eigene Ressourcen, Möglichkeiten, Stärken zu nutzen, das Potential der beteiligten Kollegen zu erschließen und damit mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Geling-Strategie zu entwickeln.
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Bei den in der sich entwickelnden Schule zu treffenden Entscheidungen kann die Begleitperson helfen, die zukünftige Wirkung von Entscheidungen im Hinblick auf Entwicklungszustände abzuschätzen, die im Moment noch nicht bestehen. Sie unterstützt bei der ‚Simulation‘ künftiger Wirkungen von Entscheidungen auf der Grundlage der Erfahrungen, die sie aus anderen Schulen mitbringt.
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Die Begleitperson personalisiert die künftig eintretende positive Wirkung von reformpädagogischen Konzepten der Lehrens und Lernens, da sie die guten Erfahrungen anderer Schulen vermittelt und Auskunft über die dort sich zeigenden Erfolgsstrategien geben. Sie kann daher ein wichtiger Vertrauensposten und eine Identifikationsfigur für Beteiligte bieten, die veränderungswillig, aber skeptisch hinsichtlich der eigenen Fähigkeiten zur Gestaltung der künftigen Praxis bieten.
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Oft lösen Veränderungsprozesse in Kollegien deutlichen Widerstand aus. Widerstände werden vor allem von engagierten Schulleitungen oft als ‚Überwindungstatbestände‘ aufgefasst, die sich durch Umgehen zu entschärfen oder durch Kraftstrategien zu überwinden versuchen. Tatsächlich sind Widerstände aber sehr konstruktive Elemente in jedem Veränderungsprozess – sie schwinden nur, wenn auf die Anliegen der ‚Widerständler‘ schlüssige Antworten gefunden werden. Daher ist es eine wichtige Aufgabe der Begleitperson, die Widerstände zu aktivieren, ihren Sinn zu decodieren und das darin steckende kollegiale Potential konstruktiv in den Entwicklungsprozess der Schule einzubetten.
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Schließlich übernimmt die Begleitperson in vielen Fällen auch die Aufgabe, Kolleginnen und Kollegen im Hinblick auf die Entwicklung der zu entwickelnden Lehrerhaltungen und Lehrerkompetenzen fortzubilden, die eine Schulpraxis des heterogenitätsgerechten Schülerlernens erfordern. Das geht von der Entwicklung von kompetenzbasierten Lernangeboten über die Stärkung teammäßiger Kooperation bei der Schaffung differenzierter Unterrichtsmaterialien (‚reichen Lernumgebungen‘) bis zum Lerncoaching zu selbstverantwortetem Lernen.
Was hindert Schulen, sich Begleitung zu sichern?
Warum machen bei diesem Möglichkeiten und Chancen von Begleitung bei der Schulentwicklung so wenige Schulen von der Möglichkeit Gebrauch, sich eine Begleitperson zu suchen und mit ihr vertrauensvoll zu kooperieren? Meiner Erfahrung nach kann so eine Person nach wenigen Jahren zu einem ‚Freund der Schule‘ und damit ein Stabilität bietendes Element werden, auch wenn die Kooperationsbeziehung zunächst zwischen Schulleitung und Begleitperson gestiftet wird. So jemanden zu haben ist von großem Gewinn, wenn es zu Problemen und Krisen kommt – und das passiert immer wieder.
Ein Hemmnis ist, vermute ich, dass so eine Begleitperson einen sehr intimen Einblick in die Arbeitsweise der betreffenden Schulen erhält – der ‚menschliche Faktor‘ ist Beziehungselement. Die Begleitperson muss daher frei von allen administrativen Strukturen agieren können – in der Hinsicht ist die Schulbürokratie sicher noch entwicklungsbedürftig. Aber auch die betreffenden Schulleitungen müssen sich selbst als ‚professionell beratungswillig‘ auffassen – bekanntlich ist so etwas für viele Lehrerinnen und Lehrer eine große Herausforderung.
Hinderlich ist sicherlich auch, dass es nur wenige Kolleginnen und Kollegen gibt, sie über die Erfahrung und das Selbstvertrauen verfügen, in eine derartige Begleiterrolle zu gehen. Das ist zwar im Grunde die gleiche Herausforderung, der auch Lehrkräfte im Unterricht ausgesetzt sind – doch sind systemische Wandlungsprozesse ein anderes Handlungsfeld als das Unterrichten von Schülerinnen und Schüler. Dazu wäre hilfreich, wenn es spezifische Fortbildungen gibt.
Und dann müssen die Chancen und Möglichkeiten der Begleitung mehr als bisher publik gemacht werden. Daher auch dieser kleine Beitrag von jemandem, der in dieser Mission tätig ist …
Michael Wildt
Michael Wildt, Sommer 2015
An die Schulleitungen der Schulen integrierter Schulformen, die mit mir als Fortbildner oder Berater für heterogenitätsgerechte Unterrichtsentwicklungen zusammen arbeiten
Liebe Schulleitungsmitglieder,
Zu Ihrer Orientierung skizziere ich hier noch einmal meinen Tätigkeitsschwerpunkt: Ich begleite Schulen (vor allem Schulformen des gemeinsamen Lernens in integrierten Formen, wie Gesamtschulen, Gemeinschaftsschulen, Sekundarschulen u.ä.) bei der heterogenitätsgerechten Gestaltung der Lernprozesse. Meine Grundthese ist dabei, dass die Vielfalt einer heterogenen Lerngruppe (bis hin zur ‚inklusiven Lerngruppe‘) durch Kompetenzorientierung des Unterrichts und durch schülerzentrierte Lernformen zu einem Gewinn für alle Beteiligten wird – allerdings müssen Lehrerinnen und Lehrer lernen, Lernangebote und Lernbegleitung so zu gestalten, dass sie mit der Vielfalt wertschätzend und konstruktiv umgehen. Schulen sind daher herausgefordert, ‚als Systeme zu lernen‘. Das sind individuelle Prozesse, für die es keine ‚Patentrezepte‘ (und erst recht keine ‚Erfolgsmethoden‘) gibt, sondern stets nur (schul-)individuelle Wege zum Gelingen.
Kompetenzorientierte Unterrichtsentwicklung in Schulen dockt stets an die ‚Lernausgangslage‘ der Schule an. Sie überformt die Handlungskompetenzen der dort tätigen Lehrkräfte, ausgerichtet am Ziel der ‚guten individuellen und kooperativen Lernens‘ aller Beteiligten. Dabei gibt es verschiedene Perspektiven, entlang derer ein kollegialer Kompetenzaufbau verlaufen kann:
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Die ‚Produktion‘ eines Lernangebots, das an die Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler anknüpft und in selbstverantworteten Lernformen differenziert weiterführt (‚reiche Lernumgebungen‘),
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Die Anregung, Begleitung, Beratung und ‚Be-Rückmeldung‘ der Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern, die selbstgesteuert lernen (‚Lerncoaching‘),
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Die Gestaltung von Diagnostik und Lernerfolgsüberprüfung, so dass Lernende ihre Lernfortschritte erkennen können und in ihren Lernbemühungen gestärkt werden (,Leistungsbewertung‘),
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Die ‚Rekonstruktion‘ der Kooperation im Kollegenkreis in Formen, die mit deren individuellen Kompetenzen wertschätzend umgehen wird und Synergieeffekte freisetzen, so dass die Lehrertätigkeit als lustvoll und befriedigend erlebt wird (‚Teambildung‘).
Die Identifikation von Ansatzpunkten für Entwicklungsprozesse in Schulen sowie die Gestaltung und Begleitung kollegialer Prozesse des Kompetenzaufbaus ist mein ‚Kerngeschäft‘ im Bereich der Lehrerfortbildung. Wenn Sie (wieder) mit mir zusammenarbeiten wollen, sprechen Sie mich gerne an. Ich freue mich!
Michael Wildt :-)